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Oberliga Hamburg

Auslöser Spielabsagen: Die finanzielle Oberliga-Krise

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Foto: KBS-Picture/AFH

Der Hamburger Fußball-Verband hat alle Spiele bis zum 30. April ausgesetzt. Das bedeutet für viele Vereine in der Oberliga Hamburg finanzielle Einbußen. Zudem könnten durch die Corona-Krise Sponsoren abspringen. Wir haben mit fast allen Klubs über die aktuelle Lage gesprochen.

Keine Spiele, dadurch finanzielle Einbußen beim Ticket-Verkauf und an den Imbiss-Buden: Für viele Vereine bedeutet die Stillegung des Spielbetriebs einen großen finanziellen Schaden. In der 3. Liga haben Vereine wie der SV Meppen, FSV Zwickau oder der FC Kaiserslautern bereits Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter beantragt. So soll die finanzielle Belastung der Klubs etwas gemindert werden. Und in der Oberliga Hamburg? Dort machen sich ebenfalls Sorgen breit, dass einige Vereine die Corona-Krise finanziell nur schwer überleben könnten. Die Lage spitzt sich somit auch im Amateurfußball zu.

Wir haben für Euch fast alle Vereine aus der Oberliga Hamburg nach ihrer Meinung gefragt:

Jan Schönteich (sportlicher Leiter, TuS Dassendorf): „Wir machen uns da keinen Stress, gehen dieses Thema aber dennoch hochsensibel an. Wir gucken alle in die Glaskugel und hoffen, dass es in naher Zukunft Klarheit gibt, was sich aber wohl nicht erfüllen lässt. Wir haben im ersten Stepp allen Spielern zugesagt, die vollen Gehälter bis 30.06 zu übernehmen. Es war uns wichtig, ein gutes Maß an Sicherheit unseren Spielern zu geben. Da haben wir das Glück, dass wir einen Michael Funk und Geschäftspartner als Unterstützer haben. Aber: Für unsere Geschäftsstelle prüfen wir auch Kurzarbeit, den Auftrag haben sie von mir bekommen. Auch wir versuchen uns natürlich etwas Unterstützung zu holen. Da hängt zum Ende des Tages doch noch etwas mehr dran. Wir alle werden den Gürtel jetzt enger schnallen müssen.“

Volker Brumm (Pressesprecher, HSV BU): „Die meisten Spieler sind nicht fest angestellt. Deshalb können wir keine Kurz-Arbeit anmelden. Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl für die ganze Amateur-Szene. In der Bezirksliga wird es wohl nicht so schlimm werden, aber in der Landes- und Oberliga wird es schon schwierig. Das wird ganz, ganz kritisch. Viele Sponsoren werden Probleme kriegen, an den Verein um die Ecke zu denken. Wir können den Spielern nichts versprechen, weil wir selbst gar nicht wissen, wie es mit unseren Sponsoren weiter geht. Ich finde es ganz eigenartig, dass die Bundesliga jetzt schon rum heult. Das verstehe ich gar nicht. Die kleinen Vereine kollabieren doch alle. Im Amateurfußball bricht viel weg. Wenn es länger dauert, müssen auch die Spieler ihre Verantwortung übernehmen.“

Ronald Lotz (Präsident, SC Victoria): „Wir können das selber alles gar nicht überblicken. Wir setzen uns zeitnah zusammen und sprechen über die Lage. Wir sind unserer Fürsorgepflicht bisher allem nachgekommen. Ich denke, dass wir als Verein alle zusammen stehen werden und eine vernünftige Lösung finden. Ich kann nur daran appellieren, dass alle zusammen stehen und  mit einem kühlen Kopf zusammen arbeiten. Wir als SC Victoria werden auch in der Zukunft ein zuverlässiger Partner sein.“

Danny Zankl (Trainer/Ligamanager, TSV Sasel): „Wir haben uns am Montag zu einem ersten Gespräch beraten und getroffen. Da ging es erst einmal um die sportliche Lage. Wir haben eine Ausnamesituation. Wir haben die Jungs erst einmal in den Urlaub geschickt, so können sie erst einmal auf Job und Privatleben ein Auge werfen. Wir werden genau beobachten, wie es sich regelt. Aktuell ändert sich noch stündlich was und wir wollen nicht philosophieren. Wenn die Saison abgesagt wird sind das Einnahmen, die wir nie wieder zurückbekommen. Das betrifft nicht nur den Verein, sondern auch die Gastronomie. Wir müssen natürlich auch gucken, wie das mit den Sponsoren ist. Das sind Selbstständige und Kleinbetriebe. Wir arbeiten mit keinen großen Firmen zusammen. Unsere Sponsoren müssen mit der Krise auch selbst erst einmal klar kommen. Wir hoffen, dass unsere Familiäre Atmosphäre uns durch diese schwere Krise bringt. Wenn noch mehr Fakten da sind, dann werden wir endgültig entscheiden.“

Marcus Scholz (Ligamanager, Niendorfer TSV): „Bei uns melden sich auch die Sponsoren und sagen, dass es hart wird. Wir sind im ständigen Austausch mit dem Mannschaftsrat, wollen das sozialverträglich abwickeln. Wir müssen mit Einbußen rechnen, wie alle anderen auch. Aber wir sind in der Spitze so breit aufgestellt, dass wir auch in der kommenden Saison ein gutes Bild abgeben werden. Als einziges Team sollten wir uns ganz hinten anstellen, wenn es um Hilfe. Auch wir als Verantwortliche sind auf die Solidarität der Spieler angewiesen. Die Jungs haben das angenommen. Das lief alles sehr harmonisch.“

Christian Rahn (Trainer, HSV III): „Bei uns war es noch nicht direkt Thema. Im Verein wurde es aber schon angesprochen. Wie das ausgegangen ist, weiß ich nicht. Wenn man nicht Sport treiben darf, dann ist das schon schwierig. Die Frage, ob wir die Saison noch zu Ende spielen, muss auch gestellt werden. Aktuell ist das für alle eher Zwangsurlaub. Es ist natürlich auch die Frage, wie das mit Auf- und Abstieg aussieht. Wird die Oberliga dann aufgestockt, oder wie sieht das am Ende aus? Grundsätzlich müssen wir aber erstmal diesen Virus in Griff bekommen. Die Verträge sind bei uns aber auch Thema. Wir versuchen auch mit externen Spielern Kontakt aufzunehmen. Wir wollen einen Großteil des Teams behalten.“

Cemil Yavas (Ligamanager, TuS Osdorf): „Wir hatten dieses Thema schon besprochen. Uns betrifft das überhaupt gar nicht. Ich bin extrem froh darüber, dass es uns nicht betrifft. Jetzt wird sich so ein bisschen rausstellen, welche Vereine immer gesagt haben, dass sie nichts zahlen und trotzdem bezahlt haben. Wir zahlen nämlich keine Gehälter oder Grundgehalt. Uns stört diese Pause finanziell überhaupt gar nicht. Ich bin froh, diesen Weg in den letzten Jahren gegangen zu sein. Es ist natürlich sportlich sehr schade, dass es nun so eine lange Pause gibt. Ich würde mich noch viel mehr ärgern, wenn ich nun auf Platz 16 oder auf einem der oberen Plätze stehen würde, weil ich nicht weiß, was nun endgültig passiert.

Matthias Stuhlmacher (Ligamanager, Concordia): „Wir haben noch nicht darüber gesprochen. Aber wir sprechen da zeitnah drüber. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es auch ohne die Solidarität der Spieler geht. Schießlich können die auch nichts dafür, dass ist höhere Gewalt. Concordia ist wegen der festen Verträge auch an seine Verpflichtungen gebunden. Da müssen aber auch wir zur Not die Spieler mit ins Boot nehmen. Ich selber habe noch nichts davon gehört, dass Sponsoren abspringen werden. Aber wir sprechen hier nicht von zwei Wochen Corona-Ferien, sondern von einer längeren Geschichte. Das Keyword ist Solidarität. Wenn wir sagen können, dass wir das nicht mehr aufrechterhalten können, dann werden wir sehen, wie sich die Gemeinschaft verhält. Ich gehe nicht davon aus, dass wir die Saison zu Ende spielen können. Es gibt ja auch keine echte Möglichkeit mehr, die ganzen Spiele auszutragen. Das ist eine Situation, die noch keiner von uns in der Form hatte – sowohl im Sport, als auch Privat.“

Matthias Nehls (Präsident, FC Süderelbe): „Das ist ein sehr sensibles Thema. Es ist sehr bitter, wenn wir keine Einnahmen generieren. Wir haben mit Sicherheit einen der geringsten Etats in der Liga. Deshalb trifft es uns nicht so Doll, wie andere Vereine – aber es trifft uns auch. Die Diskussion nach der Solidarität ist das A und O. Das werden wir intern auch besprechen. Wir haben aber Verpflichtungen und wir wollen die erfüllen, wenn es möglich ist. Ich frage mich aber auch, was das für eine Auswirkung auf den Amateursport hat. Schiedlich braucht der eine oder auch das Geld, was er bei uns bekommt. Die Verunsicherung ist groß. Es ist bis heute noch ungeklärt, wie es weiter geht. Das ist schon ein Bereich, wo sich nun alle Gedanken machen müssen. Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass wir die Saison zu Ende spielen können. Ohne die Solidarität unserer Mitglieder wird es wirklich kritisch. Wenn Firmen wie VW seine Produktion einstellen, die auch DFB-Sponsor sind, ist das auch ein Super-Gau für uns.“

Oliver Schubert (Ligamanager, Curslack-Neuengamme): „Mit der Frage beschäftige ich mich schon seit Tagen, habe dafür aber keine Lösung. Natürlich stehen wir zu unserem Wort, aber wir werden mit den Spielern auch sprechen müssen. Wir hatten so eine Situation noch nie. Da muss man auch mal alle fünf gerade sein lassen. Wenn die Spieler keinen Aufwand und keine Fahrtkosten haben, könnte man auch sagen, es gibt kein Geld. Für mich steht fest, dass die Jungs für März alles normal bekommen. Alles andere müssen wir mit den Spielern besprechen. Die Jungs haben Verträge, aber wenn sie nicht arbeiten können, dann muss man sehen ob wir Kurzarbeit beantragen können. Bei uns hat sich Gott sei Dank noch kein Sponsor gemeldet, aber das wird sicherlich noch kommen. Was das bedeutet, ist völlig offen.“

Heiko Kühl (Pressesprecher, SV Rugenbergen): „Wir haben uns mit dem Thema nicht beschäftigt. Wir haben die Situation, dass wir derzeit eher sportliche Gespräche haben, als Finanzielle. Aber wir werden dieses Thema sicherlich zeitnah auch angehen. Was da als Ergebnis rauskommt, wird man sehen. Man wird mit allem rechnen müssen. Die Hoffnung ist, dass wir mit unseren Sponsoren einen Konsens finden. Da sind so viele beteiligt an so einem Prozess. Bei dem Zuschauerdurchschnitt bei uns, ist das marginal. Was mit reinspielt sind die Einnahmen aus dem Verkauf von Getränken und Essen. Das ist ein Baustein, aber es gehört noch viel anderes dazu. Rugenbergen gehört nicht zu den Vereinen, die den größten Etat haben. Vielleicht sind wir auch deshalb von diesem Thema etwas verschont geblieben.“

Thorben Reibe (Trainer, Union Tornesch): „Wir sind in der glücklichen Lage, dass bei uns gar keine Gehälter gezahlt werden. Deshalb betrifft es uns nicht. Aber es fehlen natürlich schon Einnahmen für Trikots, Essen nach dem Spiel, oder auch das Trainingslager. Vielleicht ist es aber auch insgesamt mal eine Chance für die Oberliga, weil ich schon finde, dass das Preisniveau schon ganz schön heftig ist. Wir haben einen Sponsor, der bezahlt einmal im Jahr die Trikots. Ansonsten sind wir da schlecht aufgestellt, dass muss man schon sagen. Wenn wir dieses Projekt in der Zukunft halten wollen, dann müssen wir uns aber auch darüber Gedanken machen. Man muss da mindestens die Fahrtkosten erstatten können. Jetzt auf Sponsoren-Suche zu gehen, ist natürlich schwierig. Da müssen wir intern noch einmal beraten.“

Simon Beecken (Ligamanager, TSV Buchholz 08): „In der Bundesliga ist ganz viel Geld in Bewegung, es gibt eine ganz andere Gehaltsstruktur. Bei uns in Buchholz ist es so, dass wir auch nicht glücklich über die Situation sind, aber die Gesundheit geht vor. Wir sind da aber entspannt, weil Panikmache uns da gar nicht weiter bringt. Wir sind im aktuellen Kontakt mit unseren Spielern. Ich gehe davon aus, dass die Saison verlängert wird und die Spiele nachgeholt werden. Dann wären unsere Fans auch wieder bei den Heimspielen. Es gab bisher keine Anfragen von unseren Sponsoren. Wir sind da in der Breite aufgestellt. Ich glaube schon, dass unsere Werbepartner auch in dieser besonderen Situation weiter zu uns stehen.“

Carsten Henning (Trainer, Bramfelder SV): „Es bleibt bei uns alles weiter, wie es ist. Wir haben den Trainingsbetrieb freigestellt und die Jungs dürfen selbst entscheiden, ob sie trainieren oder nicht. Ich habe die Verträge nicht gemacht, aber bisher habe ich nichts davon gehört, dass wir Zahlungen jetzt aussetzen müssen. Natürlich fehlen uns die Zuschauereinahmen. Ich bin ratlos, ob wir diese Saison noch zu Ende spielen können. Das müssen die Verbände entscheiden. Da hilft uns jetzt leider nur abwarten.“

*Sowohl von Teutonia 05, als auch vom Meiendorfer SV, war trotz mehrfacher Versuche kein Offizieller bereit, Stellung zu beziehen. Deshalb wurden beide Vereine in dieser Befragung nicht weiter erwähnt.